Reisebericht
Wilder Kaiser, Fleischbankpfeiler „Pumprisse“ – zum 40er
Gesagt – getan: Denn auf der Liste unserer „must haves“ war die prominente Risslinie, einst von Helmut Kiene und Reinhard Karl 1977 erstbegangen – also genau vor 40 Jahren sehr weit oben gerankt. Also los geht’s: Bombastischer Sommertag, mit Tom Fischbacher den idealen Seilpartner dabei und immerhin schon einen veritablen Alpinklettertag im Kaiser absolviert. Worauf also warten?
„Flucht nach vorne“ oder „Freiflug nach unten“
Vielleicht auf den entsprechenden Mut und die Motivation, die man unbedingt braucht für so eine Tour. Denn irgendwie stellen wir bei der Anfahrt fest, dass wir nur Geschichten über diese Route kennen, die von weiten Stürzen aus aalglatten Körperrissen handeln. Nicht wenige formidable Kletterer haben ihre persönliche „Geschichte“ zu den Pumprissen, und noch selten hat jemand das Prädikat „schöne Tour“ vergeben – eher martialische Attribute wie „brutal“, „heftig“, „gnadenlos“.
Dazu war noch die Rede von dem ein oder anderen Friend, der den stürzenden Kletterer auf seinem Weg nach unten begleitet hat, nachdem für den Protagonisten nach einem weiten Runout die „Flucht nach vorne“ schlagartig in einen „Freiflug nach unten“ übergegangen war. Okay – wir haben also Respekt. Schadet nicht.
Wir keuchen bei sommerlicher Hitze von Schweißbächen überströmt in die Steinerne Rinne hinauf. Super Idee: Rissklettern bei 30 Grad! Der Brandler-Einstieg wartet auch gleich mal mit einigen knackig alpinen Längen an Schlaghaken unterschiedlichster Mach&Setzart sowie genauso wechselhafter Güte. Ah…das ist also der „Zustieg“? Na habe die Ehre.
Übrigens ist der Einstieg ist den „Brandler Einstieg“ tatsächlich eher weiter rechts unten und der verlockende Bohrhaken, der an einen kurzen, speckigen Riss anschließt, definitiv die schlechtere Option. Also ruhig weiter runter steigen, um dann die tatsächlich logischere Linie empor zu klettern!
Wir waren aber ja schon weiter: Nach dem Brandler-Einstieg treffen wir mit der „Rebitsch“ zusammen. Von hier startet die verwegene Querung sehr exponiert um die Kante, die uns zur Final Destination bringt: die Pumprisse. Dass die 15m-Querung dorthin mitnichten ein Ziehen an unzähligen Schlaghaken ist, beschert uns einen ungewollten Ausflug an einen Stand, der eigentlich zu tief ist und wohl zum „direkten Zustieg“ aus dem Brandler Einstieg gehört. In Wirklichkeit geht die Quergangslänge alsbald nach rechts ansteigend hinauf – und man muss mehr tatsächlich klettern als an Haken anziehen.
Tatsächlich folgt eine Traumlänge im 7ten Grad
Mit gehöriger Bastelei kommen wir wieder auf Spur und checken dann alsbald im sogenannten „Hundebahnhof“ ein.
Ein durchaus eigentümlicher Name für einen Standplatz, von dem aus es dann so richtig losgeht. Zumal sich der Hundebahnhof sowohl durch die komplette Absenz von Hunden als auch von Sitzgelegenheiten für die ankommenden Reisenden auszeichnet. An „Bahnhof“ erinnern uns lediglich die zwei parallelen Rissspuren, die wie vertikale Gleise über uns nach oben ziehen.
Wir gleisen also Tom als Vorsteiger auf und packen unsere eigens mitgebrachten Spielsachen aus. Cams in den Größen 4 bis 6 wollen zwar erst mal bis hierher gebracht werden, machen dann aber den entscheidenden Unterschied. Tatsächlich folgt eine Traumlänge im 7ten Grad, die weniger Horror als viel mehr einfach richtig guten Fels und geniale Risskletterei bietet. Dabei klettern wir vieles außerhalb vom Riss, und nur selten saugt uns der Spalt samt unserer ganzen Körper ein, um im klassischen Pump&Rampfstil der Schwerkraft zu trotzen.
Es folgen zwei ebenso schöne und fast cleane 6er Längen. Wir sind begeistert! Ist zwar keinesfalls einfach, aber vor allem richtig gute Kletterei! Stehen dann zu inzwischen nachmittäglicher Stunde unter den beiden Ausstiegsseillängen. Öha! Nochmal steil, nochmal 7ter Grad, nochmal breiter Riss. Die anstrengende Kletterei bis hierher hat schon was gekostet. Langsam fangen die Arme an zu krampfen, aber eh klar: Eine Seillänge unterm Ausstieg wartet das silbern behauste Wandbuch auf unseren Eintrag und die Überbringung der persönlichen Geburtstagswünsche. Also Zähne zusammenbeißen, Finger aus dem Axxxx und immer sauber pumpen.
Der Inhalt des kleinen Büchleins liest sich dann wie ein Sammelsurium der Alpinprominenz. Sehr lustig – und beinahe jeder hat eine Geschichte zu dieser Tour zu erzählen. Zu der Tour, die aus unserer Sicht weniger Horror als vielmehr einfach tolle, sicherlich schwere Kletterei bietet. Die ihren Nimbus aber zu Recht hat, die man klettern sollte, unbedingt, bald – am besten zum Geburtstag! Respekt vor den Erstbegehern und alles Gute!
p.s. im Herbst 2017 erreichte uns die Nachricht, dass wohl kein Stift im Wandbuchkastl war – wäre also fein, wenn Wiederholer einen spendieren!
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