Skitourenreise Norwegen - Skitouren vom Schiff

Sturm. Ich sitze in der Lounge unseres Schiffes, der „Polargirl“, die Gott sei Dank von den Maßen her eher jenen einer ausgewachsenen lady entspricht. Draußen fliegt eine Mischung aus Schnee und Wasser vorbei. Wir liegen sicher im Hafen von Lyngen und das „girl“ wiegt sanft in den Wellen, die die ablandigen Windböen schon hier im Hafen erzeugen, hin und her. Kaum das Wetter um nach draußen zu gehen und schon gar nicht für spektakuläre Powderabfahrten über den Fjorden Nordnorwegens…

10 Tage bin ich nun hier als Bergführer und kann wohl inzwischen sagen einen ganz guten Überblick über die Faszination „skiing by boat“ in den Fjorden östlich von Tromsö erhalten zu haben. Denn das Sauwetter draußen lässt meine Gedanken zurückschweifen zur vergangenen Woche, die ich erst jetzt als das Glück zu schätzen weis, das man sicherlich auch braucht, um all das genießen zu dürfen, was dieses Abenteuer ausmacht:

Weite Tiefschneehänge direkt über dem Meer, atemberaubende Ausblicke, wilde und ursprüngliche Landschaft. Die Wechten an den Geländekanten und Gipfelgraten lassen dann nur erahnen, dass hier der Mensch sich der Natur anpassen muss. Wind und Schnee schleifen in diesen Breiten unbarmherzig die Landschaft und hinterlassen bizarre Formen, die eindeutig zeigen, dass man sich glücklich schätzen darf, wenn man diese fotogene Kulisse sehen, diese Berggipfel besteigen darf. Vergleiche zu Patagonien? – Nein. Denn hier ist das Wetter auch oft gut, so wie eben in der letzten Woche und zudem verspricht der Wind auch einen stetigen Wandel, was sich natürlich genauso positiv auswirken kann.

Aber nun langsam und der Reihe nach. Der Gretchenfrage zu Beginn dieses Trips war natürlich die, nach der Kombination Skitouren und „Schiffsleben“. Wüste Gedanken und Vorstellungen gingen mir durch den Kopf, allerlei Unwägbarkeiten, angefangen bei der Unterbringung bis hin zur Verköstigung an Bord. Würde viel Zeit an Bord vergehen, die man absitzt? Würde das „Matrosenleben“ sehr spartanisch sein?
All das hat sich einstweilen als durchweg positiv herausgestellt. Die Kabinen (nicht Zimmer) sind zwar klein, mit ein wenig Rücksicht aufeinander kommt man aber sehr gut zu recht und verbringt ja hier auch insbesondere schlafenderweise Zeit. Denn nach der Tour reizt die kleine Sauna an Deck und der „hot pool“ sorgt für lockere Muskeln, gerne auch mit Ausblick auf die schneebedeckten Skiberge und einem kleinen Bierchen aus der „nordligste Bryggeri“ der Welt, namentlich „Mack“ aus Tromsö.

Hat man sich wieder aufgewärmt geht’s in den Speisesaal zum wohlverdienten Abendessen. Traditionsgemäß wird aus der schiffseigenen Kombüse häufig fangfrischer Fisch serviert, den so mancher Koch in mitteleuropäische Breiten teuer erstehen müsste. Hier gehört das Lachsfrühstück dagegen sowieso zum Alltag und beim Abendessen wird ebenso wenig gegeizt. Lange Rede kurzer Sinn: Man darf sich auf ein reichhaltiges Abendmahl freuen!

Vielleicht eine hitverdächtge Kombination. Denn der gute Standard an Bord macht die Skitouren in den Fjorden nicht zum hardcore-trip für Überlebenskünstler und Hartgesottene, sondern zu einer einzigartigen Skireise, die den Namen „Urlaub“ absolut verdient. Dabei gibt es sozusagen zwei Typen von Unternehmungen: Teilweise liegt man mit dem Schiff in kleinen Häfen und startet direkt vom Landsteg mit Ski zu einem der zahllosen Gipfelziele…oder aber man nutzt den Vorteil des eigenen Schiffs voll und ganz aus, ankert an unbesiedelten Küstenabschnitten und setzt per Schlauchboot an Land über. Die Königsdisziplin ist dann, wenn man das Ganze noch mit einer Überschreitung des jeweiligen Bergmassivs kombiniert und sich vom eigenen Schiff ganz woanders wieder abholen lässt. Dafür muss aber alles stimmen: Ruhige See, gutes Wetter, sichere Schneeverhältnisse… aber jeder weis…manchmal passt’s einfach und dann…