8 Groenland Teil2

Reisebericht

Skitourenreise Grönland – pure Wildnis

Minus 22 Grad. Die Sonne brennt und die Frisur… sitzt nicht, denn unweigerlich folgt der Griff zur Mütze. Wir steigen in Kangerlussuaq, einem ehemaligen amerikanischen Militärstützpunkt aus unserem Flieger. Wuchtig steht der Airbus auf der eher putzig anmutenden Landebahn. Im Umkreis haben sich zwei kleine „Air Greenland“–Propellermaschinen an unseren großen Adler wie kleine Küken angeschmiegt. Auch das Terminal, das wir nach einem kurzen Walk über die Landebahn betreten, passt eher zu letztgenannten Nesthäkchen.
Oder liegt es an der unglaublichen Weite, dass nahezu alles, was der Mensch hier gebaut hat, alles was der Mensch hier tut, eher niedlich und behelfsmäßig wirkt?
Schon beim Anflug auf Kangerlussuaq war diese Weite klar geworden. Denn bei dem weißen Irgendwas unter uns handelte es sich nicht um ein Wolkenmeer, wie irrtümlicherweise angenommen, sondern um das bis zu 3000m dicke Inlandeis Grönlands. Dieser Panzer überzieht nahezu die gesamte Fläche der „größten Insel der Welt“ und nur einzelne Spaltenzonen in diesem Megagletscher haben uns aus der Vogelperspektive irgendwann klar gemacht, dass das da unten doch keine Wolken sind – von wegen „Grün-land“…

Ankunft im Nirgendwo

Ein letzter Hopser mit einer der Dash-7 Propellermaschinen bringt uns bei strahlend blauem Himmel in 45 Minuten in Richtung Süden nach Manitsooq, unserm Hafenort an der Westküste Grönlands. Die kurzzeitig aufkeimenden Zweifel, ob man hier in Grönland wirklich Skitouren machen kann, sind schnell beseitigt. Denn während in Kangerlussuaq sanfte Karstflächen das Inlandeis nach Westen hin ablösen und augenscheinlich wenig Schnee liegt sieht dies eine halbe Flugstunde weiter unten ganz anders aus. Die Berge, die unter unserer Maschine vorbeiziehen haben auf einmal steile Flanken, zerklüftete Hängegletscher, scharfe Grate und … unzählige perfekte Skihänge. Und auch die Schneemenge scheint am Greenland-West-Beach zu stimmen.
Vorfreude macht sich breit! Wie kleine Kinder hängen wir bis zur Landung an den Gucklöchern unseres Fliegers und staunen Bau-, verzeihung, Bergklötze.
Dass die Dimensionen des Flughafens in Manitsooq jene in Kangerlussuaq nochmals locker unterbieten, nehmen wir nach der Landung genauso wahr, wie die Tatsache, nun wirklich in einem Dorf „in the middle of no where“, irgendwo in der Nähe des Polarkreises angekommen zu sein.
Schon die Anreise zum Abenteuer „Skitouren in West-Grönland“ ist also spannend, abwechslungsreich und nie langwierig. Zwar kommt man um eine Übernachtung in Kopenhagen weder bei An- noch bei Abreise umhin, das tut dem Genuss aber keinen Abbruch. Und nebenbei: ein Abstecher nach Kopenhagen lohnt immer!

Aber zurück ins Eis: am Hafen angekommen geht’s direkt aufs Schiff. Und sobald dort alles perfekt präpariert ist legt der flotte Frachter dann abends ab. Ein magischer Moment. Denn „Frachter“ ist zugegebenermaßen wenig respektvoll. Die Rembrandt van Rijn ist ein alter Dreimast-Schoner, wurde aber hervorragend in Stand gesetzt und vor kurzem erst nochmals renoviert.

Leinen los!

Beinahe majestätisch gleitet das Schiff hinaus in die Fjorde Westgrönlands, die tief stehende Sonne wirft ihr sanftes Licht an die uns umgebenden Berge, das Wasser ist in den Fjorden ruhig und die angestrahlten Schneehänge spiegeln sich darin. Unsere Stimmung ist sehr gut…jetzt geht´s so richtig los! Für den ersten Tag morgen ist eine Skitour auf der Insel „Hamborgerland“ angedacht…aber wie läuft’s genau ab?

Unser Tagesablauf ist klar strukturiert – innerhalb dieses Rahmens ist natürlich Spielraum, eh klar, wir wollen ja raus und allein das grönländische Wetter kennt keine europäische Routine. Dennoch, eine klare Struktur ist da, unaufdringlich, eingespielt innerhalb kürzester Zeit! Morgens werden wir per leiser Lautsprecher Durchsage geweckt, rechtzeitig um sich in Ruhe für´s Frühstück fertig zu machen, danach startet der Tag. Das Ganze immer eins: stressfrei! Das durchwegs nicht vorhandene Handynetz tut sein Übriges in puncto „hier und jetzt“!

Mit schwarzen, „Eis-Meer“-tauglichen Zodiacs geht´s vom Schiff Richtung Land, da heißt´s immer gut festhalten, Gesicht einpacken, denn der Wind peitscht nicht selten wie Nadelstiche ins werte Antlitz. Bevor die Gruppe kommt, checken täglich zunächst zwei Guides und ein Crew-Mitglied die mögliche Anlandungsstelle, um einen Ort zu finden, an dem man über den oft meterhohen blau leuchtenden Eissockel an Land kommt. Und…ach ja, dann sind da ja noch die Eisbären…kleiner Scherz, denen sind wir auf unserer ganzen Tour nicht begegnet – sie ziehen gewöhnlich die viel weiter nördlichen liegende Gebiete und das Packeis vor!

On Tour - war hier schon mal jemand?

Wir ziehen los – die Anstiege sind vielfältig, alles ist dabei! Unsere einzigen Hilfsmittel zur Tourenplanung sind Karten mit 70 000-Maßstab, Fernglas, das Zusammenspiel mit den anderen Guides und der Wetterbericht, auf den immerhin 24h Verlass ist! Die überwiegende Mehrheit der Gletscher und Gipfel ist namenlos, fremd, das Bewegen in diesem Gelände lässt einen mit allen Sinnen fühlen und spüren! Die einzelnen Gruppen sind per Funk mit einander verbunden, die Touren im vorhinein abgesprochen, die Sicherheit steht natürlich im Vordergrund! Und trotzdem, das hier ist „Führen pur“ – eine Herausforderung! Über weite Hänge und atemberaubende Gletscherbecken geht´s dahin – die Schneedecke ist so stabil dass wir nur wenige Male am Seil gesichert gehen müssen! Meist ist nur der Zustieg steil, das Gehen auf den Gletschern gleichmäßig! So haben wir Zeit unsere Umgebung zu bestaunen, zu genießen und: uns die optimale Line für die Abfahrt, einen weiteren reizvollen Anstieg bzw. die darauffolgende reizvolle Abfahrt auszuspähen! Durchschnittlich 1000hm machen wir an einem Tag, „normal“, hier ist man nicht zum Höhemmeter-Powern, der Gesamteindruck zählt! Der Blick über die Schulter zurück: auf die Fjorde, unser Schiff das aus der Ferne wie ein zerbrechliches Flaschenschiff aussieht, ein Fremdkörper so wie wir, Blicke auf neue Bergzüge, andere Gletscher, neue Formationen, und wieder: pure Freude hier zu sein!

totale Einsamkeit, Wildnis pur, keine Küstenstraßen, keine Häuser, keine Fähren – nur wir!

Die Abfahrten: Klar, unverspurt und, eh schon fast selbstverständlich, mit Meerblick; von Champagner-Powder bis Bruchharsch – all inclusive! Im Vergleich zu ähnlichen Ski-Trips in Norwegen finden wir hier die totale Einsamkeit, Wildnis pur, keine Küstenstraßen, keine Häuser, keine Fähren – nur wir! Es bleibt die Hoffnung, dass einen das Zodiac an der vereinbarten Stelle wieder abholt und zurück zur Rembrandt van Rijn bringt ☺.

Morgen planen wir eine Überschreitung – am Ende eines gewundenen Fjiords soll uns das Schiff absetzen, auf der anderen Seite wieder abholen – so der Plan! Aber die Natur beugt sich nicht unseren Plänen, der Fjord: zugefroren! Endstation! Das Wasser ist so ruhig und spiegelglatt, dass wir nur weniger Meter von der Eiskante entfernt ankern können. Mit der Zeit ziehen hunderte kleiner Eisschollen um unser Schiff, tänzeln wie kleine Floße auf der Wasseroberfläche – ein seltenes Erlebnis, denn zu dieser Jahreszeit sind die Fjiorde im Südwesten Grönlands meistens schon eisfrei! Aus der anfänglichen Enttäuschung entsteht schnell ein neuer Plan – wenn nicht „dort hinten“ dann gehen wir eben „da drüben“ rauf, wir sind ja gefühlt im Land der unendlichen Lines… Aus diesem Tag wird letztlich das Highlight der Woche (wir haben versucht eine Top-List zu führen, war fast unmöglich, nebenbei bemerkt), 40 cm Neuschnee, perfekt liegende Hänge und: Platz, viiel Platz!

Wirklich weit weg - free your mind

Die Zwischenzeiten, Ruhephasen für den Körper und Reizüberflutung pur für die Augen. Am Nachmittag nämlich, wenn alle Gruppen zurück an Bord sind, unsere Crew aktiv wird und sich aufmacht ein neues Ziel anzusteuern, den heutigen Schlafplatz zu finden, die perfekte Ausgangslage für den nächsten Tag zu erkunden, dann die Zeit für alle Facetten des „Chill-Modus“. Oder eben die Zeit für´s Deck, warm eingepackt, bewaffnet mit wahlweise Kamera oder Fernglas schippern wir vorbei an Landschafts-Schauspielen, die uns hinter jeder Biegung des Fjiords auf´s Neue zu begeisterten Kindern werden lassen – wie Legoland für Erwachsene. Wo zu erst hinschauen? Hier ein kalbender Gletscher, dort ein zerfurchter Serac, Hängegletscher, Eis-Rinnen, gigantische Felsformationen und die Vorstellung schier unendlicher alpinistischer Möglichkeiten vor Augen; wohlbemerkt: namenlos! – oder eben einfach nur der Eindruck gigantischer Stille, Kraft und Einsamkeit, der einem da im eisigen Wind entgegenbläst. Eine schier unbezwingbare Macht aus Eis, Schnee, Fels und Wasser – und atemberaubend schön! Man spürt, dass man hier als Mensch klein und verwundbar ist, dass man hier zu Gast ist…im Gegensatz zu den wenigen Tieren die der rauen Natur hier trotzen. Tiere? Gibt´s die hier? Oh ja, man muss nur genau hinschauen! Zugegeben, ein Zoo ist es nicht unbedingt und leider haben wir keine Wale gesehen, aber die Fjorde leben! Möven, Graugänse und Seeadler sehen wir immer wieder, und wir begegnen Polarfüchsen, die unsere Aufstiegsspur neugierig verfolgen, muss ja auch viel bequemer sein als sich durch den tiefen Schnee zu wühlen!

Die Ruhephasen auf dem Schiff erlebten wir absolut stimmig. Gemütliche Kojen – klar klein – aber dennoch mit allen Wünschen ausgestattet, so dass man sich abends so richtig auf die Federn freuen kann! Bei unserem argentinischen Koch ist wirklich nie jemand hungrig ins Bett gegangen, kein Wunsch bleibt unerfüllt! Und die Stimmung: entspannt, herzlich und aufgeschlossen! Unser Schiff ist der „sichere Hafen“, sorgt für das Gefühl ein Abenteuer „im abgesicherten Modus“ zu erleben! Hier können wir uns ausruhen, wohlfühlen, Kraft tanken und neue Pläne schmieden! Skitourenreise Grönland – „Qujanarsuaq“ – oder: vielen Dank, dass wir da sein durften!

14 Groenland Teil2

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