7 Weg durch Fisch Teil1

Reisebericht

Felsiges Fischgericht - Marmolada Südwand

Auf der Suche nach schönen, schweren Alpinklettereien kommt wohl kein Kletterer dem Gedanken an den „Weg durch den Fisch“ aus. 37 SL in bestem Marmolada-Kalk, das Ganze im kompaktesten Teil der Marmolada, Kletterei bis 8-/A3 oder frei 9- und als Schmankerl alles ohne Bohrhaken. Um kaum eine andere Felskletterei dürften sich so viele Geschichten ranken wie um den “ Fisch“: Gescheiterte Wiederholungsversuche, Abseilen an Cliffhangern, angerissene Tricams (was ist überhaupt ein Tricam??) und dann natürlich die namensgebende Struktur selbst.

2SL vor dem Fisch werden wir entgültig gebremst

Ende August 2011 ist es wieder so weit: Peter und ich haben uns nochmal zwei Tage (dachte ich zumindest…) frei genommen um „fischen zu gehen“. Unser erster Versuch hatte nach der 14. Seillänge geendet: Der Innsbrucker Wetterfrosch hatte geringe Gewitterwahrscheinlichkeit (“ so um die 20% in den Dolomiten, naja, an ner Wand wie der Marmoladavielleicht auch höher, aber das sehts ihr ja dann…“) angegeben. Die eh schon strapazierten Nerven hatten also dem Druck der türmenden Ambosse nachgegeben, vielleicht wars besser…

Jetzt gings also wieder los; diesmal deutlich besser vorbereitet: Einige Alpintouren mehr als Vorbereitung, die ersten 14 SL schon bekannt und vor allem: Absolut stabiles (wenn auch sehr heißes) Wetter. Am Sonntag Abend die übliche Materialschlacht: 2 Sätze Camalots, Keile, Tricams (mittlerweile waren wir von der Funktion dieser kleinen, ovalen Rotationskeile in Löchern geradezu begeistert), leichte Biwakausrüstung und vor allem: 6 l Wasser: 36°C waren angekündigt, und das in ner Südwand… Ein Radl hatten wir auf der Nordseite deponiert, um wieder zum Auto zurück zu kommen und uns den langen Hatsch zu sparen. Lange Diskussionen über die Taktik (Haulen oder nicht Haulen?) hatten sich diesmal erübrigt: Peter hatte gerade mal einen Tag frei bekommen, am Übernächsten wollte er wieder in der Arbeit sein. Als ich ihn darauf hinweisen wollte, dass das ein etwas kühnes Ziel sei, antwortete er nur: „Musst halt schneller klettern…“

Die Nacht auf der traumhaft zwischen sanften Wiesen gelegenen Falier Hütte verlief mal wieder unruhig, allerdings war diesmal nur die eigene Aufregung daran schuld… Noch eine andere Seilschaft will den Fisch versuchen, allerdings haulender Weise. Etwas arrogant betrachten wir diese „Biwakierer“. Auf jeden Fall wollen wir die beiden hinter uns haben. Der Wecker klingelte um halb vier, um fünf stehen wir vor der ersten Länge. Peter klettert diese noch mit Stirnlampe- ich steige- fluchend über den schweren Rucksack- nach. Am liebsten würde ich vier unserer 6 l Wasser ausleeren, Hammer und Haken würden mir dann auch mit rausrutschen, und wer braucht schon Gorejacken bei 36°C?? Mir erscheint es kaum möglich mit diesem 12 kg Rucksack weiterzuklettern. Doch besser haulen?

Was hilfts…-Seillänge für Seillänge arbeiten wir uns nach oben: Ganz schön deftige 5er- im Kaiser wäre da schon der ein oder andere sechste Grad erreicht… Nach der 12. Länge wirds dann ernst: Die erste der schweren Längen hats gleich in sich: die Seillänge mit den weissen Streifen. Jetzt gehts schwierig weiter, in der seichten Verschneidung, 2 SL vor dem Fisch werden wir entgültig gebremst: Rotpunktgedanke ade, für diese Platten/Fingerlochzüge dürfen wir noch a bissl zum üben gehen…Die Cliffpassage am Tricam mit der angerissenen Schlinge will einfach sauber geclifft werden, jede wackelige Bewegung würde hier mit einem ordentlichen Flug belohnt werden; aber Peter arbeitet sich in seiner gewohnt ruhigen Art darüber hinweg; lediglich danach meint er: “ Ganz schön exponiert, um das erste Mal zu cliffen…“
Immer wieder durchfährt mich der Gedanke an Hans-Jörg Auer, der hier Free Solo kletterte- unglaublich! Die Stellen so schwierig, so plattig, die Griffe so mieß… und das alles in 500 m Höhe…

Bloß nicht daran denken… der Gedanke, hier ohne Seil unterwegs zu sein führt in den psychischen Ruin…

Zug um Zug - Krampf um Krampf

Gegen 13.00 Uhr sind wir dann endlich im „Fisch“, eine ca. 2 m tiefe, fischförmige Struktur, in der wir auf die ersten Bohrhaken in dieser Wand treffen. Peter wurde schon seit 2 SL durch Krämpfe in den Unterarmen belohnt- Tribut an den schweren Rucksack und die grosse Hitze. Unsere ersten 3 l haben wir schon verbraten- und es sind immer noch 22 SL… vielleicht doch ganz gut, dass ich nichts ausgeleert hatte….
Ab hier wird es richtig steil- etwa fünf Seillängen unter uns- also am Beginn der schweren Seillängen- sehen wir die tschechische Seilschaft: Gerade kämpfend mit ihrem Haulbag- dem Nachziehenden war dieser wohl aus der Hand gerutscht, und hatte sich 20 m verabschiedet. Schade- noch mal ziehen…

Peter kämpft sich Zug um Zug- Krampf um Krampf diese nächste, schwere Länge nach oben- zwar sind die Griffe besser als bisher, dafür ists jetzt aber senkrecht. Die zweite Länge nach dem Fisch hats dann nochmal in sich: Freikletterei bis 8- direkt vom Stand weg, Stürzen besser bleiben lassen… und dann mal wieder ne Runde Cliffen- die letzten 5 Meter zum Stand kosten mich viel Nerv und bestimmt 20 min. Die nächsten Seillängen zum Band saftln weiter fröhlich vor sich hin, sind aber zum Glück etwas leichter- unsere Unterarme danken…

Unser Blick wandert nach Norden

Um 18.00 Uhr sind wir am grossen Band- 21 SL geklettert, Füsse wund, Finger weh… der Biwakplatz sieht schon sehr verlockend aus: Mit einer Mauer umgeben, Isomatten, Rettungsdecken, regensicher unter einem großen Block…

Andererseits: Wir haben noch drei Stunden Licht, ich habe noch keine Krämpfe, und leichter wirds eh: Noch eine 6er Länge, drei 5er, de Rest 3 und 4… Also hopp… Der 6er vom Band weg fuchst mich nochmal: fluchend hänge ich am ersten Haken und muss einsehen, dass ich wohl oder übel nullern muss… was sollls- schnell solls gehen… Die letzten 8 SL spielen sich in einem klassischen Kamin ab… der Fisch will einfach alles sehen was man gelernt hat. Um neun wird das Licht ausgeknippst- weiter gehts mit Stinlampe. Schwitzend- rampfender Weise arbeiten wir uns nach oben- mal wieder begegnet mir ein Gedanke an Hans-Jörg Auer- diesmal nicht wegen der Schwierigkeit oder der Ausgesetztheit sonder wegen der unglaublichen Zeit: 2,5 h für den ganzen Fisch? wie soll man diese Kamine bitte schnell klettern???

Gegen 22.00 Uhr findet meine nach Griffen suchende Hand einen großen Metallstab- etwas verunsichert mache ich an einer ca. 10 m hohen Antenne Stand (- wird doch kein Strom drauf sein??). Der Gipfel ist vollkommen verkabelt, mehrere hohe Antennen ragen daraus auf…

Sauglücklich stehen wir am Gipfel, nach fast 17 h sind wir draussen, aus 850m Wand; allerdings auch etwas verloren- wo bitte gehts zwischen all dem Metall und Kabelzeug nach unten?
Unser Blick wandert nach Norden, hier muss der Gletscher sein, nur ist ohne Mond gar nix zu erkennen. Wir vertagen das Problem auf später, ignorieren die ganzen Rot-durchgestrichenen-Männchen- und Accesso-vietato-Schilder und schwindeln uns mithilfe alter Metallstangen aufs Dach der Bahnstation… und nun? weiter an Gerüststangen d erreichen wir die Stelle, an der die Bahn das Gebäude anfährt- leider sind alle Türen verriegelt… die berühmte Madonnengrotte nur hinter Scheiben zu erahnen. Wir versuchen uns in unserem Biwaksack ein wenig hinzulegen; aber jetzt fallen die 3300m, auf denen wir uns befinden, doch auf… Nach einer Stunde wachen wir vor Kälte schlotternd auf- Mist erst 1.00Uhr, die nächste Bahn geht erst in 8 h… Aber mittlerweile ist der Mond aufgegangen: Einmal mehr an Gerüsten abseilen- und wir sind am Gletscher. Zunächst über diesen, dann durch alte Patronenhülsen, Schotter und Skilifte schlurfen wir zum Fedaiapass… Die danach folgende Radlfahrt ist (fast) das schönste am Tag: bei Mondlicht einen einsamen Dolomitenpass RUNTERfahren, nen frischen Fisch in der Tasche…

1 Weg durch Fisch Teil2

Fazit

Insgesamt eine herausragend schöne Tour in genialem Fels. Unglaublichen Respekt vor den Erstbegehern, viele Passagen erschienen mir ohne Bohrhaken unmöglich….

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