4 Haute Route Teil1

Reisebericht

Chamonix Zermatt - Saisonabschluss Haute Route

Chamonix , Samstag Abend, Ende April. Wir hocken gemütlich im Hotel La Chaumiere und besprechen die Tour der kommenden Tage. Es geht ,wie so oft, um DAS Thema: Wie bekomme ich meinen Rucksack noch leichter? Wir gehen alles durch und finden noch ein paar Gegenstände, die uns auf der Haute Route nicht begleiten dürfen. Draußen regnet es in Strömen und wir sind gespannt, was der nächste Tag bringt. Es sind 40 cm Neuschnee im Mont Blanc Massiv gemeldet. Nicht wirklich gute Bedingungen für eine wilde Skidurchquerung. Doch wir denken positiv und ich versuche die Nervosität der beiden Gäste zu mildern und freu mich auf Pulverschnee im April.

Ein Knall lässt uns erschüttern

1. Tag: Und es kommt anders als geplant
Fertig gepackt stehen wir um 9.00 an der Talstation der Grand Montet Bahn in Argentiere. In der Nacht hat es bis auf den Talboden von Chamonix geschneit, und das steht im kompletten Gegensatz zu den 25 Grad, die kurz zuvor in Rosenheim schon einen Vorgeschmack auf den Sommer gegeben hatten. Aber so wie es aussieht, ist der Winter wieder da.
Ein Knall lässt uns erschüttern. Was war das? Die Lawinenkomission der Bahngesellschaft sprengt die Hänge des oberen Abschnittes und schnell wird uns klar, dass wir noch nicht so schnell zur Bergstation kommen. Geplant war heute der Übergang über die ersten beiden Cols und weiter zur Trienter Hütte. Das wird jedoch nicht klappen, da 40cm Neuschnee plus 100kmh Wind eine „optimale“ Schneebrett-Situation geschaffen haben.

Wir ziehen uns in ein Cafe zurück und besprechen Plan B.

Endlich geht es los, wir reihen uns mit unseren Zaunlatten (schmale Skier im Vergleich zu den Freeride-Waffen) in die Reihe der Gondel ein und werden teils schmunzelnd begutachtet. Wo geht es hin mit dem großen Rucksack? Ahh.. Haute Route, super.

Wir kommen bis zur Mittelstation und nach längerem Nachfragen, ob denn jetzt die obere Bahn öffnet, beschließen wir von hier zur Argentiere Hütte zu starten. Es ist ein perfektes Gelände um sich für die insgesamt 7 Tage Durchquerung einzulaufen. Gemütlich geht es auf den Argentiere Gletscher. Das Wetter reißt wie bestellt auf und wir dürfen unseren morgigen Aufstieg begutachten. Wow, so viel Schnee! Ich bin leicht nervös und versuche meinen Gästen die Situation zu erklären.
Nach 3 Stunden gemütlichen Aufstiegs erreichen wir die herrlich gelegene und neu sanierte Argentiere Hütte. Wir werden herzliche von der Wirtin empfangen und genießen am Abend einen tollen Sonnenuntergang bei gutem Essen.

2. Tag: Was lässt die Lawinensituation zu?
Nach einer ruhigen Nacht geht mein erster Blick hinaus zum Fenster, Nebel und Wind. Es war doch in der Nacht schon eigentlich eine Wetterbesserung mit Aufklaren gemeldet. Mist.
Wir beschließen trotzdem zu starten, und vertrauen auf die Versprechungen des Wetterberichts. Von der Hütte geht es ein paar Meter talauswärts bis wir die Felle aufziehen. Ich spure den ersten kurzen Moränenhang an. Die Sonne hat gestern gute Arbeit geleistet. Der Schnee hat sich ein bisschen verfestigt und ich werde zuversichtlich, dass wir die Etappe durchziehen können. Wenn da nicht das Wetter wäre…denn es hat wieder zu schneien begonnen. Ich wechsle mich mit einem Bergführer- Kollegen beim Spuren ab und wir kommen gut durch den langen und steilen SW Hang. Bei einer Trinkpause reißt es dann endlich auf und wir genießen die sagenhafte Aussicht über den Argentiere Gletscher. Les Droites N, Aguilles Verte, Les Courtes und viele mehr. Das Panorama ist gigantisch. Der Aufstieg bringt uns in das Col du Chardonnet, unsere erste Scharte des Tages. Nach einer kurzen Abseilaktion stehen wir auf dem Saleinagletscher. Dort erwartet uns eine schöne, kurze Pulverabfahrt, bevor wir ein weiteres Mal die Felle aufziehen, um in das Fenetre de Saleina zu gelangen. Mit ca. 30 steilen Spitzkehren erreichen wir glücklich die 3261m hohe Scharte und freuen uns wieder über ein paar Meter Abfahrt. Leider werden wir schon bald von den Stollen unter unseren Skiern gestoppt und es heißt erst mal Enteisen. Doch irgendwann laufen die Skier wieder und nach dem flachen oberen Teil geht es mit tollem Pulverschnee am Bruch des Plateau de Trient vorbei. Dann heißt es noch einmal die Skier kurz an den Rucksack klippen und die 50m zum Col des Ecandies aufsteigen. Endlich geht es nur noch runter. Die Abfahrt über das Val d’Arpette beeindruckt mit wunderschön weiten Hängen, unverspurtem Pulver und abschließend mit tollem Firn. Kurze Zeit später hocken wir bei einem kühlem Bier in Champex wo wir auf unser Taxi nach Bourg st Piere warten und schon von einer Dusche im Hotel Bivouac Napoleon träumen dürfen.

Vom Winde verweht

3. Tag: Skitouren gehen heißt „Aufsteigen“
Heute erwartet uns der lange Anstieg zur Valsorey Hütte. Zuerst geht es über die Straße, die zum Grand San Bernard Pass führt. Dann zweigen wir in das Valsorey ab. Die Skier sind für die ersten 1,5 Stunden gut an unserem Rucksack verstaut und werden für die restlichen 4,5 Stunden Aufstieg geschont. Zum Glück bekommen wir irgendwann Nebel, welcher uns trotz fast sommerlicher Hitze einen kühlen Anstieg über den 600m hohen Hüttenhang beschert. Die Hütte steht wie ein Adlerhorst am Fuße des Grand Combin und ist durch ihre kleine Größe ein äußerst gemütlicher Ausgangspunkt für die nächste Etappe.

4. Tag: Vom Winde verweht.
Ein Traumhafter Sonnenaufgang begrüßt uns am heutigen Tag. Das Mont Blanc Massiv und der Grand Combin werden sanft von den Sonnenstrahlen geweckt, was uns kurz vom mühseligen Aufstieg zum Plateau du Couloir abgelenkt. Steil geht es die 500 Meter Flanke mit unzähligen Spitzkehren empor. Die letzte Querung zum Skiumbauplatz ist mit jeder Menge Triebschnee gefüllt. Ich versuche die Gruppe aus der Schussbahn zu platzieren und spure mich langsam rüber. Geschafft. Meine Kunden können gemütlich aufrücken. Die letzten Meter geht es mit Steigeisen durch tiefen Schnee und über Felsen hinauf. Am Plateau du Couloir angekommen, werden wir schon vom Wind empfangen, welcher uns die restlichen 4 Stunden bis zur Hütte begleitet. Wir ziehen flott die Felle ab und fahren hinunter auf das Plateau Sonadon. Ein kurzer Anstieg bringt uns in das namensgleiche Col du Sonadon. Der Wind ist in der Zwischenzeit so stark geworden, dass wir uns keine Pause mehr erlauben können. Es beginnt eine tolle Abfahrt über weite Firnhänge ins Tal Chanrion.Noch einmal müssen wir die Felle aufziehen und ca. 45 min über sanfte Hänge aufsteigen. Leider hat in der darauffolgenden Abfahrt der Wind den Schnee schon ein bisschen bearbeitet und so schneiden unsere Ski durch einen leicht gepressten Winddeckel. Den Plan, sich in dem kleinem Bächlein vor dem letztem Hüttenanstieg zu waschen, müssen wir auch verschieben, da der Wind immer noch für eine ungemütliche Stimmung sorgt. Anstatt zu baden steigen wir lieber weiter zur gemütlichen Chanrion Hütte auf. Dank der nicht vorhandenen Pausen sind wir schon zeitig dran und verspeisen ein „Rösti mit allem“ (Ei, Schinken, Käse), bevor wir uns erschöpft ein Schläfchen gönnen.

Nach ca. 1,5h erreichen wir den Gletscher

5. Tag: Erinnerung an Reinhold Messner
Es gibt verschiedene Varianten wie man den Tag zur Vignette Hütte planen kann. Ob über den Pigne d` Arolla oder ganz gemütlich über den langen Otemma Gletscher. Wir entscheiden uns für Letzteres, da der Tag darauf nochmal ein paar Anstiege verlangt und der Hüttenwirt berichtet, dass für die höheren Lagen starker Wind gemeldet ist.

Von der Hütte weg, starten wir die Etappe mit einer kurzen Abfahrt, bevor es in den ca. 14 km langen Anstieg geht. Wir schauen den Steinböcken zu, die über uns in den Felsplatten herumspringen und hoffen, dass sie uns keine Steine auf den Kopf schmeißen. Nach ca 1,5 Stunden erreichen wir den Gletscher. Es ist windstill und die Sonne scheint uns ins Gesicht. Zeit die Pausen nachzuholen, die wir gestern nicht hatten.
Doch es lässt sich schon erahnen, wie weit sich dieser Gletscher noch ziehen wird. Wir entscheiden nach ein paar Kilometern noch eine kleine Auflockerung in das flache „Gehatsche“ einzubauen und ziehen nach rechts zu einem kleinem Biwak hinauf, von wo aus wir eine tolle Aussicht auf die letzten Meter zur Hütte haben und zumindest noch kurz ein paar Schwünge abfahren dürfen.

Von nun an heißt es beißen, denn es geht über ein paar Stunden unverändert flach über den Otemma Gletscher. Wir haben viel Zeit die letzten Tage revue passieren zu lassen und ich denke mir nur, „so in der Art muss es doch bei Reinhold Messner gewesen sein, als er die Antarktis durchquert hat“. Nur da war er 92 Tage unterwegs und wir sind gerade mal 5 Stunden.
Erschöpft queren wir noch den finalen Hang zum Hüttenplateau und können endlich die exponiert gelegene Vignette Hütte sehen. Geschafft.

6.Tag Die Königsetappe nach Zermatt
Heute Abend gibt es eine Dusche, gutes Essen und ein großes Bett. Doch so schnell geht es nicht. Erst müssen wir noch die letzte Etappe über die drei Scharten bis nach Zermatt bewältigen. Eine kurze Abfahrt bringt uns auf das Col de Chermontane. Es windet und schnell ziehen wir die Felle aus der Jacke auf unsere Skier. Eine tolle Morgenstimmung begrüßt uns. Im Hintergrund thronen mächtige Gipfel über uns, die Pigne d ` Arolla,vorne der Mont Collon und im Norden die Dent Blanche. Über einen sanften Gletscher geht es hinauf in das Col de l`Eveque .Wir sind gut von der Hütte weggekommen und können diesen Abschnitt ganz alleine genießen. Die Abfahrt jedoch wird zu einer mühseligen Angelegenheit. War hier noch vor ein paar Stunden toller Pulver, müssen wir uns jetzt im harten Bruchharsch abmühen. Aber auch diese Abfahrt nimmt ein Ende und wir können beim Fellaufziehen den nächsten Anstieg in das Col du Mont Brulle begutachten. Wo normalerweise steile Fußspuren rauf ziehen, geht es jetzt mit unzähligen Spitzkehren empor. Hier erreichen uns dann die restlichen Haute Route Aspiranten und gemeinsam mit ca. 40 anderen Bergsteigern mühen wir uns den vorletzten Anstieg hinauf. Col du Mont Brulle, die letzte Schlüsselstelle der heutigen Etappe. Endlich bekommen wir noch guten Schnee, zwar sind es nur ein paar Schwünge doch reicht das um voll motiviert die letzten Meter Anstieg in Angriff nehmen zu können. Die Sonne gibt jetzt alles und wir ziehen alles aus, was nur möglich ist, legen nochmal Sonnencreme auf und ziehen los in den Anstieg zum Col de Valpelline. Der Wind nimmt langsam zu und die Schichten der Bekleidung werden wieder mehr. Der letzte Anstieg geht jedoch schnell vorbei und überglücklich stehen wir am Col. Dürfen nun endlich das Matterhorn und die restlichen Walliser Viertausender begutachten. 

Leider ist der Wind mal wieder extrem rau und treibt zur Eile. Ein kurzes Bild und runter geht es nach Zermatt. Da zur gleichen Zeit die Patrouille des Glaciers stattfindet, können wir uns an den abgesteckten Stangen orientieren die bis nach Zermatt das Rennen markieren. Leider wurde es aufgrund des starken Windes abgesagt. Wir hätten den Teilnehmern gerne applaudiert. Es geht durch wilde Brüche und an riesigen Spalten vorbei, immer im Schatten des überragendem Matterhorns und mit Zermatt im Visier. Nach dem anfangs steilen Part, geht es die letzten Meter sehr flach auf die Piste hinaus. Hier dürfen wir noch unsere Oberarme trainieren! Auf den letzten Metern nach Furi haben sich ein paar Gruppen zusammengefunden und gemeinsam genießen wir die leicht sulzige Piste hinab zum wohlverdienten Bier.


Wir bleiben noch eine weitere Nacht im Hotel Bergfreund in Herbriggen bevor sich am nächsten Tag unsere Wege trennen. Wieder geht eine tolle Skidurchquerung zu Ende und für uns ist klar: Sie ist und bleibt die unangefochtene Königin unter den Skidurchquerungen der Alpen.

9 Haute Route Teil2

Fazit

In einer abenteuerlichen Skitour auf der Haute Route von Chamonix nach Zermatt überwinden die Teilnehmer unerwartete Herausforderungen wie schlechtes Wetter, Lawinengefahr und schwierige Abfahrten, aber erleben auch atemberaubende Landschaften und unvergessliche Momente.

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